Die vermeintliche Entführung des russischen Frachters „Arctic Sea“ und die spektakuläre Befreiungsaktion mitten im Atlantik geben Anlass zu immer neuen Spekulationen. Schon jetzt deckt sich die offizielle Version russischer Behörden nicht mit dem Wissenstand westlicher Medien. Gut informierte israelische Quellen berichten nun, dass die Entführung vom russischen Geheimdienst FSB inszeniert worden sein soll, um ein heimliches Waffengeschäft zwischen der russischen Mafia und dem Iran zu vertuschen.
Laut Angaben der israelischen Nachrichtenwebseite „YNET“, eine der wichtigsten Nachrichtenquellen im Land mit besten Kontakten zu westlichen Geheimdiensten, begann die Affäre bereits vor zwei Monaten. Die Arctic Sea soll zu diesem Zeitpunkt in Kaliningrad, dem ehemaligen Königsberg, für Reparaturarbeiten angelegt haben. Die Freihandelszone Kaliningrad ist strategischer Stützpunkt der russischen Armee. Zu Zeiten der Sowjetunion waren hier hunderttausende Soldaten stationiert. Viele von ihnen wurden inzwischen entlassen, und verdienen ihr Geld als „Freiberufliche“ im Sicherheitsbereich. Westliche Sicherheitsquellen beschrieben sie als Mafia mit Beziehungen zur Armee.
Vor wenigen Monaten soll der Iran Kontakt mit einer Gruppe dieser „Unternehmer“ aufgenommen haben, mit der Absicht, Luftabwehrraketen vom Typ S-300 zu kaufen. Die S-300 ist eine der modernsten Raketen ihres Typs. Israel betrachtet eine solche Lieferung als strategische Bedrohung, weil sie einen Präventivschlag gegen Teherans Atomprogramm erheblich erschweren würde. Um die Lieferung dieser Waffe an Iran und Syrien zu verhindern war Jerusalem in der Vergangenheit sogar bereit, einen hohen Preis zu zahlen. So trat die israelische Regierung im letzten Augenblick von einem gewinnträchtigen Waffengeschäft mit Georgien zurück, das auch Panzer beinhaltet hatte. Vor dem Hintergrund der Spannungen mit Russland hatte Moskau ein Veto eingelegt und im Gegenzug versprochen, Syrien und den Iran nicht mit der S-300 auszurüsten.
Im Rahmen des Vertrags zwischen dem Iran und russischen Mafiosi wurden während der Reparaturarbeiten in Kaliningrad brandneue S-300 Raketen im Bauch der Arctic Sea verstaut. Die Raketen wurden unter der angeblichen Holzlieferung versteckt. Ein westlicher Geheimdienst soll den ahnungslosen FSB vom Deal unterrichtet haben. Moskau wäre ein solcher Handel peinlich, demonstriert er doch das eigene Unvermögen, der Armee und der Mafia Einhalt zu gebieten. Deswegen entschloss man sich, das Schiff selber auf hoher See zu kapern und die peinliche Ladung fern westlicher Medien zu löschen.
Dies erklärt, warum Russland erst so lang nach der „Entführung“ eingriff und das Schiff erst vor Cap Verde aufbrachte, obwohl die Position des Schiffes laut Aussagen von NATO stets bekannt war; weshalb westliche Geheimdienste nur zuschauten und Russland wochenlang gewähren ließ, obschon man schon kurz nach der „Entführung“ hätte eingreifen können, weshalb die „Entführer“ ein Frachtschiff mit der verhältnismäßig billigen Holzladung im Wert von knapp 1,5 Mio. € kaperten, weshalb Russland riesige Frachtflugzeuge bereit stellte, um lediglich 14 Besatzungsmitglieder und 8 Piraten heim zu fliegen; weshalb Israels Präsident Schimon Peres ein Tag nachdem das Schiff aufgebracht wurde Russland einen überraschenden Blitzbesuch abstattete, in dem laut Angaben des israelischen Außenministeriums „konkrete Beweise vorgelegt wurden, dass Iran und Syrien der Hamas und der Hisbollah Waffen zur Verfügung stellen.“
Der Bruder eines Angeklagten erklärte, sein Bruder Dmitri Bartenev habe lediglich eine Arbeit gesucht und sei dann vom FSB missbraucht worden. Der russische Journalist Mikhail Voitenko sah sich gestern genötigt aus Russland zu fliehen, nachdem er eine ähnliche Theorie veröffentlichte. Sein Leben sei bedroht worden, er fühle sich daheim nicht mehr sicher, sagte er dem britischen Sender BBC. Die Drohungen, die Voitenko erhielt, scheinen die israelischen Berichte nur zu bestätigen.