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Written by Gil Yaron   
Sunday, 03 July 2011
Seltener Sieg für Netanjahu

Eigentlich ist Israels Premierminister Benjamin Netanjahu diplomatische Isolation gewöhnt. Von der internationalen Presse als Gegner des Friedensprozesses angeprangert, findet er gewöhnlich nur bei Israels Rechten und Konservativen in den USA Gehör. Doch dieses Wochenende feierte Netanjahu einen bedeutenden diplomatischen Sieg: Im Kampf gegen ein palästinensisches Propagandaprojekt zog er nicht-arabische Nachbarstaaten und das Nahostquartett, ein internationales Gremium das aus den USA, der EU, den Vereinten Nationen und Russland besteht, auf seine Seite. Alle halfen ihm dabei, die Gaza-Hilfsflottille aufzuhalten und ein neues PR-Desaster zu vermeiden.

Seit Wochen bereiteten sich die rund 300 internationalen Aktivisten der Gaza-Hilfsflottille auf einen medienwirksamen Zusammenstoß mit Israels Marine vor. Sie wollten die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf die Seeblockade des Gazastreifens lenken, die Israel im Januar 2009 verhängte. Israel sieht die Blockade als wichtiges Mittel, ein Aufrüsten der Hamas, der islamischen Machthaber im Gazastreifen, zu verhindern. Lange diente diese Blockade aber auch als wirtschaftliches Druckmittel, um die Bevölkerung Gazas mit Frust und Armut zum Aufstand gegen die Hamas zu bewegen. Palästinenser und ihre Verbündeten betrachten die Blockade deswegen als widerrechtliche Kollektivstrafe.
Eine Hilfsflottille brachte Israel im vergangenen Jahr in die Bredouille: Kommandos stürmten damals das türkische Schiff „Mavi Marmara” und töteten dabei neun Menschen. Ein Aufschrei ging um die Welt, die diplomatischen Beziehungen zwischen Jerusalem und Ankara erreichten einen Tiefpunkt. Der diplomatische Druck zwang Israel dazu, die Belagerung Gazas zu lockern.

Jetzt versprachen die Organisatoren des neuen Hilfskonvois, dass alles noch viel aufregender werden würde. Mehr Schiffe und Akteure wollten versuchen die Blockade zu durchbrechen. Doch letztlich scheinen die Aktivisten verloren zu haben. Im entscheidenden Augenblick kam alles anders als erwartet: Schwarz gekleidete Kommandos hielten das Flaggschiff “Audacity of Hope” auf, doch waren es nicht israelische, sondern griechische Soldaten. Das Schiff hatte den Hafen von Piräus ohne Genehmigung verlassen und den Griechen damit den Vorwand geliefert, einzugreifen. Der Kapitän des Schiffes sitzt jetzt in Haft. Auf Druck aus Israel und den USA haben Zypern und jetzt auch Griechenland verboten, den Gazastreifen anzulaufen. Selbst die Türkei, die im vergangenen Jahr die Hilfsflottille unterstützt hatte, riet ihren Bürgern jetzt davon ab, an einem Bruch der Blockade teilzunehmen. Selbst das Nahostquartett stellte sich auf Israels Seite und rief “alle Regierungen dazu auf, weitere Flottillen zu verhindern”. Wer Hilfsgüter liefern wolle, solle etablierten Kanäle nutzen, damit die Ladungen inspiziert werden können, um auf Israels “legitime Sicherheitsbedenken Rücksicht“ zu nehmen, hieß es in einem Kommuniqué. Die Lage in Gaza sei zwar noch immer “unhaltbar“, doch habe sie sich im vergangenen Jahr verbessert.

Tatsächlich herrscht in Gaza seit Jahresbeginn ein regelrechter Aufschwung. De Facto besteht Israels Blockade nicht mehr: Täglich gelangen rund 250 Lastwagenladungen in den Landstrich. Theoretisch lasse Israel 300 zu, doch dafür bestünden im Augenblick keine Anfragen aus Gaza, teilte die israelische Verwaltung des Grenzübergangs unserer Zeitung mit. Außer Baumaterial können inzwischen alle Verbrauchsgüter nach Gaza importiert werden. Doch selbst Baumaterialien fehlen im Landstrich nicht mehr: Hunderte Schmugglertunnel, die vor der Lockerung der Blockade Gaza mit Verbrauchsgütern versorgten, liefern täglich mehr als 3000 Tonnen Zement, Stahl und Kies. Die rund 130 Ingenieur- und Architektenbüros Gazas berichten von vollen Auftragsbüchern, die Arbeitslosigkeit fiel seit Jahresbeginn von 45% auf 25%.

Gaza ist noch immer kein wohlhabender Landstrich: Mehr als 70% der Bevölkerung sind auf das Flüchtlingshilfswerk UNRWA angewiesen. Dennoch ist Aufschwung vielerorts spür- und sichtbar: Neue Autos, die meisten Schmugglerware aus Libyen, holpern über die löchrigen Straßen Gazas, die in unzähligen Bauprojekten renoviert werden. Unlängst öffnete das zweite moderne Einkaufszentrum und das zweite 5-Sterne Luxushotel Gazas seine Tore. Die Webseite des Mövenpick Hotels wirbt mit dem Meeresblick aus den 250 Zimmern. Gäste können sich im Spa verwöhnen lassen oder an einem von drei Pools die mediterrane Sonne genießen. Nahrungsmittel waren hier noch nie knapp, doch jetzt wird das meiste Obst und Gemüse lokal angebaut: Die Felder Gazas lieferten dieses Jahr allein 23.000 Tonnen Wassermelonen und 100 Tonnen Trauben. Importe aus Israel sinken beständig.

Dass Israel mit seiner Seeblockade nicht mehr alleine steht hängt damit zusammen, dass von einer humanitären Krise, von der die Organisatoren der Hilfsflottille sprechen, keine Rede sein kann. Aller Hindernisse zum Trotz versprechen die Aktivisten weiterhin, dass sie Gaza anlaufen wollen. Doch fürchtete man im Amt des Premiers vor einer Woche noch den gewaltsamen Zusammenstoß mit hunderten Aktivisten und den darauf folgenden internationalen Aufschrei, blickt man in Jerusalem inzwischen beruhigter und zufriedener in die Zukunft.

© 2011 Gil Yaron - Making the Middle East Understandable

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